Gerhart Ertzebiſchof von Meintze dez heligen Riches Oberſter Canzelar vber Tútſche lantLantgraue Henrich von Heſſen2023-11-012023-11-011319-12-061319-12-06CW30423https://urkundenrepositorium.uni-marburg.de/handle/cao/2070Erzbischof Gerhard von Mainz und Landgraf Heinrich von Hessen haben nach dem Rat ihrer Freunde folgenden Landfrieden miteinander abgeschlossen und beschworen: 1) Künftige oder jetzige Streitigkeiten zwischen ihren Burgmannen, Leuten und Bürgern sollen von [einem bestellten Obmann?] geschlichtet und [der Entscheid] von beiden Seiten eingehalten werden. 2) Vergeht sich ein Burgmann [des einen Partners], der eine eigene Feste hat, gegen den anderen Partner oder dessen Leute, so soll der Amtmann des Geschädigten den Amtmann der Gegenseite auffordern, das Recht innerhalb von 8 Tagen wiederherzustellen; im Weigerungsfall ist das Urteil des Obmanns anzurufen, das für beide Seiten bindend ist. Bleibt der Schuldige renitent, so soll jeder Partner dem anderen gegen den Friedensbrecher Hilfe leisten, seine Feste zu belagern und sich bis zur Wiedergutmachung seines Besitzes zu bemächtigen. Keiner von beiden darf den Friedensbrecher fürderhin als Burgmann einsetzen 3) Begeht der Burgmann einer Partei aus der Feste seines Herrn eine Gewalttat gegen den anderen Vertragspartner oder dessen Leute, so soll ihn sein Herr in angemessener Frist zur Buße veranlassen und keiner soll ihn mehr als Burgmann einsetzen. 4) Unternimmt der Burgmann einer Partei einen Beutezug oder Friedensbruch aus einer Feste seines Herrn gegen den anderen oder dessen Leute und kehrt wieder [in die Feste] zurück, so soll sein Herr und dessen Amtmann ihn dazu zwingen, das Recht wiederherzustellen, sonst ist der Herr selbst für die Wiedergutmachung verantwortlich. Keiner darf den Friedensbrecher wieder als Burgmann einsetzen. 5) Wenn ein Amtmann den Burgmann nicht nach seinen Kräften zur Wiedergutmachung veranlaßt hat und der Herr selbst für den Schaden eintreten muß, so soll der Amtmann entlassen und von beiden nicht mehr als Amtmann eingestellt werden. 6) Wird einer der beiden Fürsten -- oder ihre Leute -- von jemand beraubt oder geschädigt, so soll der Amtmann des geschädigten Herrn oder dieser selbst den Vertragspartner über das Geschehene unterrichten, damit der Friedensbrecher angehalten wird, den Schaden wiedergutzumachen. Geschieht die Wiedergutmachung nicht, so soll der Amtmann des nicht geschädigten Partners alle Amtleute seines Herrn, alle seine Leute und Städte im Auftrage seines Herrn auffordern, dem Friedensbrecher ihre Freundschaft aufzukündigen und ihm ebenso Feind zu sein, wie der geschädigte Partner. Niemand darf den Friedensbrecher nach ergangener Mahnung beherbergen; wer ihn antrifft, soll ihn gefangen setzen und an den geschädigten Herrn ausliefern. Ein Amtmann, der es unterläßt, innerhalb von 14 Tagen nach Anmahnung eine solche Aufforderung an die Städte und Bürger des anderen zu erlassen, muß nach der Schuldigerklärung durch den Obmann dem Kläger für den Schaden aufkommen und ihm seinen ganzen Besitz dafür als Pfand setzen. Auch darf er von keiner Partei weiterhin als Amtmann angestellt werden. Wenn eine Stadt trotz erhaltener Aufforderung den Schädling innerhalb oder -- soweit sie es vermag -- außerhalb ihrer Mauern nicht gefangen setzt, so soll sie dem Geschädigten 100 Mark zahlen, und beide Herren werden ihre Städte zur Zahlung anhalten. 7) Freizügigkeit soll zwischen beiden Gebieten nach altem Gewohnheitsrecht bestehen. 8) Die gleiche gegenseitige Hilfe wie im Falle ihrer Burgmannen und Bürger geloben sich beide Partner gegenüber jedermann sonst, ausgenommen gegen das Reich. 9) Auf ein Hilfegesuch des einen Partners soll der andere innerhalb des Landes mit 100 Rittern und Knechten, im Bedarfsfall [sogar] mit seiner ganzen Macht, auf eigene Kosten anrücken. Bedarf er ihn zu einem Zuge außerhalb des Landes, soll der Hilfesuchende den anderen und dessen Leute verköstigen; im übrigen aber jeder auf eigenen Gewinn und Verlust gestellt sein. 10) Ein solches Hilfegesuch soll innerhalb Monatsfrist mit 100 Mann oder mit der ganzen Macht befolgt werden; es sei denn, der betreffende Partner ist selbst auf einem Kriegszug außer Landes oder rᷝehaftige not</i> hindert ihn. Doch soll dann [trotzdem] der Amtmann mit den ihm zur Verfügung stehenden Kräften Hilfe leisten. 11) Gemeinsam eroberte Burgen oder [feste] Häuser sollen sie entweder gemeinsam schleifen oder gemeinsam behalten, außer solchen, die zuvor einem Partner gehört haben. Solche darf der frühere Besitzer ohne Einspruch des anderen wieder in Besitz nehmen. 12) Im Krieg gefangene Anführer und Bannerherren rᷝ(die vanier weren)</i> des Gegners sollen ihnen gemeinsam gehören, sonstige Ritter, Knechte oder andere Leute sollen sie entsprechend ihrer Truppenstärke unter sich aufteilen. 13) Wenn ein Burgmann des Landgrafen, der ein rᷝgeſezzen burkman</i> ist, einen Feind des Erzbischofs unterstützt, dann soll ihn der Landgraf mit Weibern und Kindern aus seinem Burgsitz verweisen und ihm Feind sein wie der Erzbischof. Nach Friedensschluß darf er ihn jedoch als Burgmann wieder aufnehmen, das Gleiche gilt für den Erzbischof. 14) Keiner darf ohne Wissen und Willen des anderen Partners von dessen Besitz kaufen, noch auf dessen Besitz bauen. 15) Wird der Amtmann des einen Partners von dem des anderen wegen Bußgeldern oder Schadenersatz gemahnt, so soll er innerhalb von 8 Tagen für Wiedergutmachung sorgen. Versäumt er das, dann soll der Obmann ihn zur Wiedergutmachung innerhalb von 2 Wochen anhalten. Versäumt er es wieder, so soll der Obmann persönlich oder durch Boten den Herrn des Säumigen mahnen, den Schaden innerhalb eines Monates nach erfolgter Mahnung wiedergutzumachen. Welcher der beiden Vertragspartner das unterläßt, der soll treulos und meineidig heißen und dem anderen 100 Mark Kölnischer Pfennige -- 3 Haller für 1 Pfennig -- zahlen. Beide setzen für den Fall eines solchen Verstoßes ihr gemeinsames Dorf Wetter mit allem Zubehör als Pfand. Der Herr des schuldhaften Amtmannes wird dessen Besitz beschlagnahmen und daraus den Schaden vergüten, und keiner darf ihn wieder als Amtmann einsetzen. 16) Wird im Gebiet des einen Partners aus Landesnotstand Alarm gegeben, ruft dessen Amtmann den Amtmann des anderen mit allen Städten, Burgmannen, Leuten und Gerichten auf, und eine Stadt leistet dem Aufruf nicht Folge, so verfällt sie einer Strafe von 100 Mark, die die beiden Herren sich teilen. Sie werden sich gegenseitig unterstützen, um im Falle der Weigerung die Summe von den Bürgern einzutreiben. 17) Wird ein Amtmann durch den Obmann überführt, daß er aus irgendwelchen Gründen den Aufruf unterlassen oder selber nicht Folge geleistet hat, so hat dieser persönlich für den Schaden einzustehen. Sein Herr soll ihn des Amtes entsetzen und keiner der beiden Partner darf ihn wieder zum Amtmann nehmen. 18) Will ein Burgmann aus eigenem Antrieb oder sonstigen Gründen von einem Herrn zum anderen übergehen, so darf ihn jener nur aufnehmen, wenn sein früherer Herr oder dessen Leute keine Ansprüche gegen ihn haben. Sofern er aber gegen einen der Partner oder dessen Leute irgendwelche Ansprüche oder Forderungen erhebt, soll er nicht aufgenommen werden. 19) Wird ein Gericht aufgeboten und [die Leute] folgen dem Aufgebot des Amtmannes nicht, so soll jeder Säumige, sofern er sich nicht durch Krankheit, Jugend oder Alter glaubhaft entschuldigen kann, 1 Pfund Frankfurter Pfennige Strafgeld zahlen. Dieses Geld sollen sich die beiderseitigen Amtleute teilen. Ist der Säumige ein Burgmann und stellt der Obmann dessen Verschulden fest, so soll ihn sein Herr verabschieden. Keiner von beiden Partnern darf ihn als Burgmann wieder aufnehmen, und sein Herr kann über sein Burglehen frei verfügen. Einem Aufgebot hat er [dann] nur noch bei Landesnotstand zu folgen. 20) Pfändet ein Burgmann Leute oder Bürger wegen Zins, Pacht oder Strafgeld, so hat er damit nicht gegen den anderen Vertragspartner verstoßen. 21) In diesen Landfrieden sind die zu den Gebieten der beiden Partner gehörenden Burgmannen, Leute, Bürger, Städte, Dörfer, Pfaffen und Klöster aufgenommen; sie stehen unter dem Schutz beider Partner und deren Amtmänner. --imagehttps://creativecommons.org/licenses/by/4.0Gerhart Ertzebiſchof von Meintze dez heligen Riches Oberſter Canzelar vber Tútſche lant; Lantgraue Henrich von Heſſen - 1294 Dezember 6.Image