Ausstellungsdatum
[1261 nach Juni 25]
Ausstellungsort
Archiv
Bemerkungen:
Bischof Walther [von Geroldseck] von Straßburg unterrichtet alle Straßburger Bürger, reiche und arme, von seinen Forderungen gegen die, die sich [die Ämter] des [Bürger-]Meisters und des Rates anmaßen, und gegen deren Anhänger. Da er gehört hat, daß viele Bürger seine Forderungen verdrehen und anders auslegen, als von ihm beabsichtigt ist, und daß sie den Bürgern einreden, er wolle sie seines Rechtes berauben, was er doch niemals beabsichtigt hat, so macht er sie mit folgendem bekannt: 1) Im vergangenen und im gegenwärtigen Jahr sind Meister und Rat von Straßburg ohne seine Zustimmung bestellt worden, was keinem seiner Vorfahren jemals widerfahren und was unrechtmäßig ist; nicht, weil er einen Rat willkürlich einsetzen will, sondern weil man den Rat vor ihm und mit seiner Zustimmung einsetzen soll, damit er, wenn ein törichter oder für Arme wie Reiche schädlicher Mann benannt wird, Wandel schaffen kann; denn er hat die Pflicht, Armen und Reichen gleichermaßen Recht zu schaffen und sie zu schützen rᷝ(ſchirmen).</i> 2) Obwohl Arme und Reiche geschworen haben, keine Gesetze ohne des Bischofs und des Kapitels Zustimmung zu erlassen, was ihnen [den Bürgern] gut bekannt ist, so haben sie doch ohne seine und des Kapitels Zustimmung auf das Mahlen rᷝ(vffen maln)</i> Ungeld festgesetzt, von dem alten Ungeld für den Wein ganz abgesehen, das man gegen Gott unrechtmäßig, der Bevölkerung und den Landbewohnern, reichen wie armen, zum großen Nachteil, erhebt. Er würde seine Zustimmung zu dem Ungeld schon geben, wenn er dessen Notwendigkeit für die Stadt einsieht und wenn nicht die Masse der Bürger dadurch ärmer und die Machthaber rᷝ(die gewaltigen)</i> reicher gemacht würden Das ist leider wider Gottes Ordnung zur Zeit seiner Vorgänger häufig geschehen. 3) Die Bürger haben geschworen, unparteiisch gegen alle vorzugehen, die Notzucht oder Totschlag in der Stadt verüben oder arme Bürger verwunden oder mutwillig die Häuser der Armen erbrechen und zwar mit Todesstrafe gegen jene, mit Verweisung aus der Stadt gegen diese, so wie es Gesetz ist. Das haben sie nicht eingehalten und wider ihren Eid die bischöflichen Gerichte behindert. Sie haben auch Leute wieder zur Rückkehr in die Stadt aufgefordert, die wegen ihrer Straftat daraus verbannt bleiben sollten. Und das haben sie bereits getan. bevor es zwischen ihm und ihnen zu Streitigkeiten kam. 4) Während seiner Regierungszeit haben die Bürger zweimal die Juden, mit denen sie nichts zu tun haben, besteuert rᷝ(beſchezzet).</i> Damit haben sie gegen ihn Gewalt und Unrecht getan. 5) Obwohl die Allmende Armen und Reichen gleichermaßen gehören soll, haben sich die Machthaber rᷝ(gewaltiſer)</i> in Straßburg doch viel davon, innerhalb wie außerhalb der Stadt, willkürlich angeeignet und unter sich verteilt. Damit haben sie gegen das gemeine Wohl der Armen verstoßen, was er künftig bei seinem Seelenheil weder erlauben wird noch will. 6) Da er derartiges nicht zulassen wollte, haben sie [die Machthaber] Maßnahmen getroffen rᷝ(vf geſezzet),</i> wie sie ihn [den Bischof], seine Domherren, Leute und Dienstmannen und das ganze Land bedrücken können, ihnen, den Besitzenden, zum Vorteil, den Armen zum Schaden. Deshalb forderten sie den Bischof von Metz auf, in das Land einzufallen, da er [der Straßburger Bischof] keine Helfer habe, um seine Leute in ihrem Recht zu schützen. Sie versprachen ihm, daß der Straßburger Bischof von der Stadt weder Unterstützung noch Verpflegung erhalten werde, wie sie es dann auch bewiesen, als sie ihm seine Verpflegung verweigerten und die dem Hochstift gehörende Überfahrt rᷝ(var)</i> und die öffentliche Straße durch sein Dorf Bischofsheim [sö. Rosheim] sperrten und den bischöflichen Knechten und Amtleuten bei Strafe an Leben und Besitz verboten, zu ihm zu kommen. Sie verhinderten auch Dienstleistungen und das Leihen von Kriegsrossen und Rüstungen nach außerhalb der Stadt, was keinem seiner Vorgänger jemals zugefügt worden war und Kaiser Friedrich [II.] nicht verboten wurde, selbst als er offener Feind der Stadt und seines [des Bischofs] Vorgängers war. Hierdurch hätte das Land völlig zu Grunde gehen und die Armen hätten daraus vertrieben sein können, wenn nicht Gott ihm und dem Land gnädiger als diese gewesen wäre. Und da des Bischofs Kriegszug nirgends auf den Schaden der Stadt gerichtet war, so erwartet er, daß die Bürger ihr Unrecht einsehen, ihm dies ohne sein Verschulden zugefügt zu haben. Einige der Bürger haben auch Silber von dem Bischof von Metz angenommen, wie ihm von Augenzeugen berichtet wurde und wie sie daraufhin hoffentlich selbst feststellen werden. 7) Über all diese Unbill rᷝ(ſmácheit)</i> noch hinaus, haben sie seinen Domherrn von Zimbern seines Silbers in der Stadt widerrechtlich beraubt, in der sie doch jedermann Frieden geschworen haben, und sie haben es noch teilweise behalten, gegen ihre Ehre und gegen ihren geleisteten Eid, geistliche und weltliche Leute und ihr Recht zu schützen. 8) Sie nehmen auch den anderen Domherrn und der Geistlichkeit ihr Korn, Wein, Fleisch, ihre Abgaben rᷝ(bétte)</i> und ihren sonstigen in der Stadt liegenden Besitz. Sie haben auch seiner Geistlichkeit verwehrt, [ihr Korn] zu mahlen und in einem Fall die Esel mit dem ungemahlenen Korn von der Mühle wieder zum Haus getrieben, die Mantelsäcke rᷝ(wátſecke)</i> durchsucht und den Knecht beschimpft und ihn aufgefordert, schleunigst die Stadt zu verlassen, sonst käme er an den Galgen. 9) Sie versprachen auch öffentlich vom Lettner aus allen denen Friede, die Leib und Gut in die Stadt flüchteten, und halten gegen den Frieden in der Stadt alles fest, was die Leute des Bistums, Mannen, Dienstleute und die Landbevölkerung rᷝ(dc lant gemeinliche)</i> im Vertrauen auf den Frieden hineingeflüchtet haben. 10) Die Bürger haben geschworen, niemand in der Stadt wegen der Schuld oder Straftat eines anderen zu ergreifen, und gegen ihren Eid haben sie von der Landbevölkerung Unzählige festgenommen, so daß aller Streit, den die Stadt mit den Landherren und den Rittern hat, zumeist hiervon herrührt. Daher kommt es, daß die armen Bürger ihrem Erwerb auf dem Land nicht nachgehen können, wie sie es zu ihrem Nutzen eigentlich sollten. 11) Als er den Bürgern, armen und reichen, und den Handwerkmeistern, die den Frieden lieben und Unruhe verabscheuen, seine Beschwerden mitteilen und sie ermahnen wollte, ihn in seinem Recht zu belassen und geschehenes Unrecht wieder gut zu machen, da wollten jene, die jetzt das [Bürger-]Meisteramt und den Rat innehaben, seinen Bevollmächtigten nicht erlauben, ihnen und dem Volk die Wahrheit zu sagen. Sie wollten nicht, daß ihr mannigfaches Unrecht und die rechtmäßigen Forderungen des Bischofs bekannt würden; darum vertrieben sie seine Bevollmächtigten schimpflich und frevelhaft vom Altar und verboten diesen bei Strafe an Leib und Leben in der Herberge den Handwerkmeistern und dem Volk seine Briefe zu geben oder vorzulesen und behaupteten, daß er damit das Volk, das nur das Recht will, von ihnen [den Machthabern] trennen wollte. Über diese Beschwerde und dieses Unrecht hinaus, teilte Bischof Walther ihnen mit, daß er auf Bitte der Bürger von Mainz, Worms und Speyer auf dem Konzil zu Mainz [Frühjahr 1261] einen Verhandlungstag rᷝ(offen tac)</i> in Weißenburg für den Himmelfahrtstag [6 Juni] 1261 erlangt hat, zu dem alle Herren, die Bischöfe, Grafen und Landherren, mit den Bürgern der einzelnen Städte hätten kommen und dort mit Rat der Erzbischöfe von Köln und Trier einen Landfrieden von Basel bis Köln hätten setzen und beschwören sollen. Das kann er mit den angesehensten Bürgern von Mainz, Worms und Speyer beweisen, die dabei waren. 12) Da sie ihm und dem Land in den genannten Punkten den Frieden gebrochen haben, klagt er den Bürgern [den von ihm angesprochenen Bürgern], daß jene [die Machthaber] Berichte und Urkunden, die er jetzt in der Hand hat, besiegelt mit ihrem Siegel, an alle Städte geschickt haben mit der Behauptung, daß er und die Fürsten sich zum Schaden aller Städte verbündet hätten, was unwahr ist und was er mit den Bürgern von Mainz, Worms und Speyer beweisen will. Dies hätten sie [die Stadtmachthaber] erfunden, um zu verhindern, daß er bei den Städten und Landleuten Unterstützung findet, was nicht geschehen wird, weil sie seine gerechte Sache rᷝ(vnſer warheit</i>) erkannt haben. 13) Er hätte wegen dieses offenbarenen Unrechtes und wegen der frevelhaften Straftaten rechtmäßig den Bann verhängen und den Gottesdienst in der Stadt verbieten können, hat es aber bisher um der ehrbaren und treuen Bürger willen, die daran unschuldig sind, unterlassen. Er mahnt sie, auf die Bürger, die sich diese Gewalt angemaßt haben, einzuwirken, daß sie ihn und sein Hochstift in ihrem Recht belassen, wie es auch sein aufrichtiges Anliegen ist, daß die Stadt Straßburg in ihrem Recht bleibt. -- Zur Datierung bemerkt das UB. Straßburg 1, daß die beiden Urkunden in engstem Zusammenhang mit Corpus Nr. N 1 stehen und verweist im übrigen auf Wiegand, Bellum Waltherianum S. 59 ff. A und B sind inhaltlich und auch überwiegend im Wortlaut gleich. Die wichtigsten Abweichungen von B merkt das UB. Straßburg Bd. 1, an. Ausfertigung B, anfangs vielleicht von A unabhängig, ist später bemüht, im Original die Zeilenführung mit A in Übereinstimmung zu bringen (vgl. dazu den Textband S. 4 Anm. 6; im Original beginnt dann Z. 51 von A und Z. 52 von B mit rᷝbreſten</i>), so daß trotz der orthographischen Abweichungen die Annahme berechtigt ist, dem Schreiber von B habe die Ausfertigung von A als Vorlage gedient. A und B sind nicht von gleicher Hand. A ist von der gleichen Hand wie Corpus Nr. N 1. Zum sachlichen Zusammenhang vgl. das Regest von Corpus Nr. N 1. --
Literatur
UB. Straßburg 1, 355 ff. Nr. 471.
Edition
https://tcdh01.uni-trier.de/cgi-bin/iCorpus/CorpusIndex.tcl?hea=tf&for=qfcoraltdu&cnt=qfcoraltdu&xid=CW50003