1299 August 15.

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3452

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1299 August 15.
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Bemerkungen:
Sogenannter »Bernhardinischer Stadtbrief⟨ für Passau, der folgende Bestimmungen enthält: 1) Rechtsverfahren bei Totschlag in der Stadt Passau, bei Totschlagsverdacht und bei Verwundung, die zum Tode führt. 2) Verpflichtung zur Beilegung von hartnäckigen Feindschaften in der Stadt, gegebenenfalls durch Druckmittel von Richter und Rat. 3) Straffestsetzung für rᷝfvrchovf</i> [Vorwegkauf, um mit Wucherpreisen weiterzuverkaufen]. 4) Straffestsetzung bei berechtigter Einklagung eines mit körperlicher Arbeit verdienten Lohnes: Doppelte Lohnzahlung und 72 Pfennige an den Richter. 5) Recht zu vorläufiger Festnahme eines auswärtigen Schuldners auch ohne Richter und Gerichtsboten. 6) Straffestsetzung für Hausfriedensbruch bei Verfolgung eines Mannes. 7) Straffestsetzung bei berechtigter Verklagung wegen verbotener Äußerungen rᷝ(verbotniv wart).</i> 8) Strafe für Gotteslästerung und Beschimpfung der Eltern; 9) für Zücken von Schwert oder Messer; 10) für Raufen, Ohrfeigen, Beulenschläge, Stockschläge; 11) für Raub von Getränken. 12) Verfahren, wenn ein Räuber oder ein Mann, der gegen die Stadt verstoßen hat, das Begehren stellt, in die Stadt zurückkehren zu dürfen. 13) Verfahren bei einem Schuldner, der die Stadt betreten will. 14) Strafe für Asylgewährung an einen wegen Schulden aus der Stadt Gewiesenen. 15) Verfahren und Strafe für einen Schuldner, der seinen pfändbaren Besitz wegschafft. 16) Strafe bei Verletzungen ohne und mit Lähmung. 17) Strafe für Asylgewährung an einen, der wegen Verwundung aus der Stadt gewiesen worden ist. 18) Straflosigkeit bei Totschlag eines Geächteten. Bezeichnung der Verbrechen, die zur Acht führen. 19) Strafe bei Weigerung eines Verklagten, sich vor Gericht zu stellen. 20) Bei Freispruch von einer Anklage entfallen Gebühren an den Richter. 21) Gebühren des verurteilten Schuldners. 22) Strafe für erneute Erhebung von Klage in einer Sache, die bereits früher durch Freispruch entschieden worden ist. 23) Strafe für denjenigen, der das Ausbrechen eines Feuers in seinem Haus nicht öffentlich ausschreit. 24) Eintreibung der Bußen für den Richter setzt Erledigung der Klage voraus. 25) Pfändung durch den Richter für seinen Anspruch darf erst nach Erledigung der Klage geschehen. 26) Wer einen Gelddieb auf frischer Tat ergreift und dabei verletzt, hat keine Buße zu zahlen. 27) Auseinandersetzungen zwischen Eheleuten gehören vor kein weltliches Gericht. 28) Strafgewalt des Dienstherrn gegen Knechte und Mägde. 29) Kirchen- oder Kirchhoffrevel. 30) Hausrecht des Gastwirtes gegen unwillkommene Personen. 31) Nichtbefolgung einer gerichtlichen Vorladung bleibt ohne Strafe, wenn sie den Betreffenden nachweislich nicht erreicht hat. 32) Spielleute rᷝ(varrnd volkch)</i> zu schelten und unblutig zu schlagen, hat keine rechtlichen Folgen. 33) Niemand darf Gut eines anderen, das er in seiner Gewalt hat, vertun, nur sein eigenes Leben und Gut. 34) Bußen für die Beschlagnahme rᷝ(fvͤrvanch)</i> von Kleidungsstücken und Vieh. 35) Wird eine in Passau abgewiesene Klage auswärts erneut anhängig gemacht, so ist der Kläger für einen eventuellen Schaden des Angeklagten haftbar und dem Passauer Richter bußfällig. Hat der Bürger aber in Passau sein Recht bekommen, so ist der Spruch eines auswärtigen Gerichtes unwirksam. 36) Verhaftung eines Bürgers durch den Richter wegen einer Beschuldigung ist nur bei handhafter oder als wahr bezeugter Tat zulässig. 37) Kautionsstellung bei Festnahme des Knechtes eines Bürgers. 38) Verfahren bei Festnahme eines Knechtes oder eines Fremden, die nachts ohne Licht auf der Straße angetroffen worden sind. 39) Recht des Totschlags aus Notwehr. 40) Rechtsgang, wenn einer einen anderen der Verwundung oder Bedrohung mit dem Schwert bezichtigt, dieser aber Notwehr nachweisen kann. 41) Aufhebung von Acht oder Stadtverweis darf nur mit Einwilligung des Klägers erfolgen. 42) Schutz der Fremden. 43) Strafe bei Falschaussage vor Gericht. 44) Bestimmung über das Borgen an Schüler und Bürgersöhne in Wirtshäusern. 45) Schutz des Eigentums nach Jahresfrist des Besitzes innerhalb des Burgfriedens; Ansprüche daran ohne ordentlichen Rechtsgang sind unwirksam. 46) Möglichkeit des Verkaufs von Eigen bei rᷝehaft not.</i> 47) Begrenzung der Haftzeit für Vergehen, die nicht die Todesstrafe zur Folge haben, auf 3 Tage. 48) Erwerb des Bürgerrechts: Schwurleistung vor dem Bischof und dem Rat der Stadt. Erwerb des Bürgerrechts durch Einheirat. Diese Bestimmungen hat Bischof Wernhart wohlberaten festgesetzt. Er behält sich vor, einzelne strittige Punkte zu klären und auszulegen, zu streichen und Zusätze zu machen, wo er erfährt, daß es ihm, der Stadt und den Bürgern gut ist und den Frieden fördert. Nach der Zeugenliste und der Datumszeile folgen noch zwei Zusätze: 49) Verbot bei Festnahme wegen Schulden oder anderer Vergehen, die nicht die Todesstrafe zur Folge haben, Geld und Kleider des Verhafteten zu konfiszieren. 50) Bürger sollen wegen einer Bezichtigung nicht gefesselt an der Schranne antworten. Sie müssen zuvor entfesselt werden. --
Literatur
Erhard, Gesch. Passau Bd. 1 S. 106 ff. ; Maidhof, Das Passauer Stadtrecht S. 173 ff. Faksimile: Maidhof, Das Passauer Stadtrecht, Tafel.
Edition
https://tcdh01.uni-trier.de/cgi-bin/iCorpus/CorpusIndex.tcl?hea=tf&for=qfcoraltdu&cnt=qfcoraltdu&xid=CW40921